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Colosio

Das Werbeplakat für die Miniserie Historia de un Crimen: Colosio zeigt einen Teilausschnitt des Gesichts von Luis Donaldo Colosio (Jorge A. Jimenez). Seine Ermordung steht im Zentrum der Handlung.

Das Werbeplakat für die Miniserie Historia de un Crimen: Colosio zeigt einen Teilausschnitt des Gesichts von Luis Donaldo Colosio (Jorge A. Jimenez). Seine Ermordung steht im Zentrum der Handlung.

Präsident Salinas (Ari Brickman) verfolgt den Tod des Präsidentschaftskandidaten Colosio im Fernsehen und säubert sich die Hände. Hatte er etwas mit dem Mord zu tun? (Ausschnitt aus Historia de un Crimen: Colosio)

Präsident Salinas (Ari Brickman) verfolgt den Tod des Präsidentschaftskandidaten Colosio im Fernsehen und säubert sich die Hände. Hatte er etwas mit dem Mord zu tun? (Ausschnitt aus Historia de un Crimen: Colosio)

Colosio: Historia de un crimen (engl.: Crime Diaries: The Candidate; dt.: Kriminalfall: Colosio) ist eine mexikanische Miniserie des Streamingdienstes Netflix. Sie behandelt den Mord an Präsidentschaftskandidat Luis Donaldo Colosio Murietta 1994. Die Serie folgt verschiedenen Personen auf der Suche nach Antworten: Colosios krebskranker Witwe Diana Laura, dem von der Regierung mit dem Fall betrauten Staatsanwalt Miguel Montes García und dem Polizisten José Federico Bénitez López. Außerdem wird das Schicksal des mutmaßlichen Täters Mario Aburto Martínez beleuchtet. Diana Laura und Bénitez zweifeln an seiner Schuld.

All diese Figuren entsprechen realen Personen. Das wird durch Einschnitte von Originalaufnahmen aus den 90er Jahren immer wieder unterstrichen. Auch Carlos Salinas de Gortari – zum Zeitpunkt des Mordes der amtierende Präsident Mexicos – und dessen Kabinett treten in Erscheinung. Sie alle werden in der Serie deutlich erkennbar gemacht: Es wurde sichtlich Wert daraufgelegt, das Aussehen der realen Personen zu imitieren. Im Gegensatz etwa zu Narcos: Mexico werden außerdem alle Figuren bei ihren realen Namen genannt.

Die Serie zweifelt zwar die offizielle Erklärung von Colosios Tod immer wieder an, stellt aber keine klare Gegenthese auf. Die Korruption der PRI-Regierung um Salinas ist jedoch ein zentrales Motiv der Serie. Die Zuschauer:innen werden aufgefordert, sich an den Skandal zurückzuerinnern und die offizielle Version zu hinterfragen. Dabei ergreift die Serie sehr deutlich Partei für bestimmte Figuren: Diana Laura und Bénitez und der gegen Korruption und Parteidiktatur agitierende Colosio sind die Helden dieser Geschichte. Sie zeigen keinerlei unsympathische oder negative Charaktereigenschaften und treffen stets moralische Entscheidungen. Salinas und sein Kabinett erscheinen dagegen machthungrig und intrigant. Der Staatsanwalt Montes unterschlägt letztlich wichtige Beweismittel, um den Fall nach den Wünschen des Präsidenten zum Abschluss zu bringen. Die Zuschauer:innen erfahren nichts über die Beweggründe dieser Figuren.

Die Serie eignet sich als Fallstudie von GUMELAB, da sie Themen der politischen Gewalt und Korruption in der jüngeren Geschichte Mexikos beleuchtet. Dabei erhebt sie, auch wenn Teile der Handlung fiktiv sind, einen Anspruch auf historische Authentizität und möchte über Geschichte informieren. Im Gespräch über die Serie tauschen sich Zuschauer:innen über ihre eigenen Erinnerungen an den Mord und ihre eigenen Deutungen des Geschehens aus.

Bei Colosio handelt es sich um die erste Serie über den Mord. Als Spielfilm wurde der Fall bereits  2012 verfilmt. Zeitgleich mit Colosio erschien auch ein Dokumentarfilm auf Netflix. Der Streaming-Dienst leitet mit den acht Folgen über Colosios Ermordung eine neue True-Crime-Serie ein. Von der Wahl dieses sehr umstrittenen und hochpolitischen Falls versprach sich die Firma sicherlich zusätzliche Medienaufmerksamkeit für die geplante Serie. Sie wurde einen Tag vor Colosios 25. Todestag veröffentlicht. Kurz zuvor waren außerdem die Akten des Falles freigegeben worden. Dadurch war Colosios Mord bereits wieder ins Augenmerk der mexikanischen Öffentlichkeit gerückt.

Geschrieben von Carolin Lange